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Dapagliflozin ist ein SGLT-2-Inhibitor, der bei Diabetes mellitus Typ 1 und 2 sowie chronischer Herzinsuffizienz angewendet wird. Dapagliflozin hat eine insulinunabhängige Wirkung und führt neben einer Glucosesenkung auch zur Gewichts- und Blutdruckabnahme.
Dapagliflozin: Übersicht
Anwendung
Wirkmechanismus
Pharmakokinetik
Dosierung
Nebenwirkungen
Wechselwirkungen
Kontraindikation
Schwangerschaft
Stillzeit
Verkehrstüchtigkeit
Anwendungshinweise
Alternativen
ATC Code
- A10BK01 - Dapagliflozin
Anwendung
Dapagliflozin ist ein Hemmer des renalen Transportproteins SGLT 2 (Sodium Glucose Cotransporter 2, Natrium-Glucose-Cotransporter 2) und wird angewendet bei Erwachsenen mit
- Unzureichend kontrolliertem Diabetes mellitus Typ 2 in Ergänzung zu einer Diät und Bewegung als Monotherapie, wenn Metformin nicht vertragen wird oder zusätzlich zu anderen Antidiabetika oder Insulin
- Unzureichend kontrolliertem Diabetes mellitus Typ 1 in Ergänzung zu Insulin bei Patienten mit einem BMI ≥27 kg/m², wenn Insulin allein den Blutzucker trotz optimaler Insulintherapie nicht ausreichend kontrolliert
- Symptomatischer, chronischer Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion
Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) hat zudem eine Empfehlung zur Zulassungserweiterung für Dapagliflozin bei chronischer Niereninsuffizienz gegeben. Die Entscheidung der Europäischen Kommission steht noch aus.
Anwendungsart
Dapagliflozin ist in Form von Filmtabletten mit 5 mg oder 10 mg Wirkstoff im Handel. Diese werden einmal täglich zu einer belieben Tageszeit, unabhängig von der Nahrung als Ganzes eingenommen.
Wirkmechanismus
Dapagliflozin ist ein hochpotenter, selektiver und reversibler Hemmer des Transportproteins SGLT-2. Dieses kommt selektiv in der Niere vor. Dapagliflozin ist über 1400-mal selektiver für SGLT-2 als für SGLT-1, das im Darm hauptverantwortlich für die Glucoseresorption ist.
Die SGLT-2-Hemmung vermindert die Rückresorption von Glucose aus dem glomerulären Filtrat im proximalen Tubulus der Niere sowie die Natrium-Rückresorption. Infolgedessen wird Glucose vermehrt mit dem Urin ausgeschieden und es kommt zu einer osmotischen Diurese. Die erhöhte Abgabe von Natrium in den distalen Tubulus führt wahrscheinlich über eine tubuloglomeruläre Rückkopplung zur Vasokonstriktion der afferenten Arteriole und somit zur Senkung des intraglomerulären Drucks.
Die beiden Effekte haben eine Abnahme der Volumenüberladung, Senkung des Blutdrucks und eine geringere Vor- und Nachlast zu Folge, was sich günstig auf das kardiale Remodelling auswirken kann. Weiterhin wird der Hämatokrit erhöht und es kommt zu einer Gewichtsabnahme. Dapagliflozin verbessert die Nüchtern- und postprandiale Blutglucosespiegel. In klinischen Studien wurde außerdem ein positiver Effekt auf einen Surrogatparameter der Betazellfunktion (homeostasis model assessment, HOMA beta-cell) beobachtet.
Der Wirkmechanismus von Dapagliflozin ist insulinunabhängig und behindert die endogene Glucoseproduktion nicht, weshalb es bei Patienten mit normalen Blutglucose-Werten selten zu Hypoglykämie kommt. Die kardialen Effekte von Dapagliflozin hängen nicht allein vom Blutzucker-senkenden Effekt ab und sind nicht auf Patienten mit Diabetes mellitus beschränkt.
Pharmakokinetik
Resorption
Dapagliflozin wird nach oraler Gabe schnell resorbiert mit einer absoluten oralen Bioverfügbarkeit von 78% bezogen auf eine 10 mg Dosis. Die maximalen Plasmaspiegel werden in der Regel innerhalb von 2 Stunden nach nüchterner Einnahme erreicht. Die Gabe zusammen mit fettreicher Nahrung kann die Aufnahme von Dapagliflozin verzögern, verändert die resorbierte Wirkstoffmenge nicht relevant. Der glucosurische Effekt von Dapagliflozin wird bereits nach der ersten Dosis beobachtet und hält über 24 Stunden an. Die Menge der Glucoseausscheidung ist abhängig vom Glucose-Plasmaspiegel sowie der glomerulären Filtrationsrate des Patienten.
Verteilung (Distribution)
Der Wirkstoff wird zu etwa 91% an Plasmaproteine gebunden. Das mittlere Verteilungsvolumen von Dapagliflozin im Steady State liegt bei ca. 118 L.
Metabolismus (Biotransformation)
Dapagliflozin wird stark metabolisiert. Der Hauptmetabolit ist das inaktive Dapagliflozin-3-O-glucuronid, das über das Enzym UGT1A9 in Leber und Niere gebildet wird. Die Metabolisierung über das Cytochrom-P450-Enzymsystem spielt bei dem SGLT-2-Hemmer eine untergeordnete Rolle.
Elimination
Dapagliflozin und seine Metaboliten werden hauptsächlich über den Harn eliminiert, wobei weniger als 2% in unveränderter Form ausgeschieden werden. Weniger als ein Drittel des Wirkstoffs (etwa 21%) werden über die Fäzes eliminiert. Die mittlere terminale Halbwertszeit von Dapagliflozin beträgt nach einer Einzeldosis von 10 mg etwa 12,9 Stunden.
Dosierung
Die Dosierung von Dapagliflozin ist abhängig vom Indikationsgebiet und der Anwendung als Mono- oder Kombinationstherapie.
Diabetes mellitus Typ 2
Die empfohlene Tagedosis bei Diabetes mellitus Typ 2 beträgt 10 mg Dapagliflozin. Bei Kombination mit einem insulinotropen Wirkstoff, wie einem Sulfonylharnstoff oder Insulin kann eine niedrigere Dosis des Kombinationspartner erwogen werden, um das Risiko für eine Hypoglykämie zu senken.
Diabetes mellitus Typ 1
Bei Diabetes mellitus Typ 1 wird eine Dosis von 5 mg Dapagliflozin einmal täglich in Ergänzung zu Insulin empfohlen. Die Behandlung muss von einem Spezialisten für Typ-1-Diabetes initiiert und überwacht werden.
Herzinsuffizienz
Die empfohlene Dosis bei Herzinsuffizienz beträgt 10 mg Dapagliflozin einmal täglich. In der entsprechenden Zulassungsstudie wurde das Antidiabetikum mit anderen Herzinsuffizienz-Therapien kombiniert.
Dosisanpassung bei schweren Leberfunktionsstörungen
Bei Patienten mit schweren Leberfunktionsstörungen wird eine Anfangsdosis von 5 mg Dapagliflozin einmal täglich empfohlen. Bei guter Verträglichkeit kann die Dosis falls nötig auf 10 mg erhöht werden. Bei Patienten mit leichter oder moderater Leberfunktionsstörung ist keine Dosisanpassung erforderlich.
Nebenwirkungen
Die folgenden Nebenwirkungen könnten bei der Behandlung mit Dapagliflozin häufig (≥1/100, <1/10) bis sehr häufig (≥ 1/10) auftreten.
- Vulvovaginitis, Balanitis und verwandte Infektionen des Genitalbereichs
- Harnwegsinfektionen
- Diabetische Ketoazidose (bei Typ-1-Diabetes mellitus)
- Schwindel
- Hautausschlag
- Rückenschmerzen
- Dysurie, Polyurie
- Erhöhter Hämatokrit, verminderte renale Kreatinin-Clearance zu Behandlungsbeginn, Dyslipidämie
- Hypoglykämie (bei Anwendung mit Sulfonylharnstoff oder Insulin)
Nekrotisierende Fasziitis des Perineums (Fournier-Gangrän) ist eine seltene, aber schwerwiegende und potenziell lebensbedrohliche Nebenwirkung, die unter der Einnahme von SGLT-2-Hemmern beobachtet wurde. Den Patienten sollte empfohlen werden, sich an einen Arzt zu wenden, wenn bei ihnen die Symptome Schmerzen, Berührungsempfindlichkeit, Erythem oder Schwellungen im Bereich der Genitalien oder des Perineums gleichzeitig mit Fieber oder Unwohlsein auftreten. Auch können einer nekrotisierenden Fasziitis Infektionen des Urogenitaltrakts oder Perinealabszesse vorangehen. Bei Verdacht auf Fournier-Gangrän ist Dapagliflozin abzusetzen und unverzüglich eine Behandlung (u. a. die Gabe von Antibiotika und chirurgisches Debridement) einzuleiten.
Wechselwirkungen
Die folgenden Wechselwirkungen sind bei der Anwendung von Dapagliflozin zu beachten.
- Thiazid-, Schleifendiuretika: verstärkte Diurese durch Dapagliflozin, dadurch erhöhtes Risiko für Dehydratisierung und Hypotonie
- Insulin, insulinotrope Wirkstoffe: erhöhtes Hypoglykämie-Risiko, daher ggf. Dosisreduktion nötig
Kontraindikation
Dapagliflozin darf bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff nicht angewendet werden.
Schwangerschaft
Es liegen keine Daten zur Anwendung von Dapagliflozin bei Schwangeren vor. Tierstudien an Ratten zeigten eine Toxizität auf die Nierenausbildung in einem Zeitraum, der dem zweiten und dritten Schwangerschaftsdrittel beim Menschen entspricht. Die Anwendung von Dapagliflozin wird daher in diesem Zeitraum nicht empfohlen und eine laufende Behandlung sollte bei Feststellen einer Schwangerschaft abgebrochen werden.
Stillzeit
Es ist nicht bekannt, ob Dapagliflozin oder seine Metaboliten in die menschliche Muttermilch übergehen. Daten aus Tierversuchen deuten auf eine Ausscheidung in die Milch hin und zeigten pharmakologisch vermittelte Wirkung bei gestillten Nachkommen. Daher kann ein Risiko für den Säugling nicht ausgeschlossen und Dapagliflozin sollte in der Stillzeit nicht angewendet werden.
Verkehrstüchtigkeit
Dapagliflozin hat keinen oder einen zu vernachlässigenden Einfluss auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen. Patienten sollten darauf aufmerksam gemacht werden, dass das Risiko für eine Hypoglykämie besteht, wenn Dapagliflozin in Kombination mit einem Sulfonylharnstoff oder Insulin angewendet wird.
Anwendungshinweise
Dapagliflozin in einer Dosis von 10 mg wird aufgrund fehlender Studiendaten nicht zur Behandlung der Herzinsuffizienz bei Patienten mit Typ-1-Diabetes mellitus empfohlen.
Patienten mit Volumenmangel
Vor Therapiebeginn sollte ein vorhandener Volumenmangel behoben werden. Bei Patienten mit Erkrankungen, die zu einem Volumenmangel führen können, sollte der Volumenstatus sorgfältig überwacht werden.
Patienten mit erhöhtem Ketoazidose-Risiko
Zu Personen, die ein erhöhtes Ketoazidose-Risiko haben zählen
- Patienten mit niedrigem Insulinbedarf, nicht optimal eingestellter Inuslindosis, mit erhöhtem Insulinbedarf aufgrund einer Erkrankung oder Operation, mit einer Insulinpumpe
- Patienten, die darauf bestehen, kalorische Einschränkungen, Kohlenhydrat-Einschränkungen oder eine ketogene Diät beizubehalten, oder die dauerhaft Insulin unterdosieren
- Patienten mit kürzlichen oder wiederholten Ketoazidose in der Anamnese
- Patienten mit erhöhten Ketonkörper-Werten
- Patienten, die Ketonkörper nicht überwachen können oder wollen
- Patienten mit exzessivem Alkoholkonsum oder solche die Drogen nehmen
Vor Beginn der Therapie mit Dapagliflozin sollten die Risikofaktoren für eine diabetische Ketoazidose bewertet werden. Die Ketonkörper-Spiegel im Blut sollten normal sein und vom Patienten und Arzt gerade in den ersten ein bis zwei Wochen regelmäßig überwacht werden. Patienten sollten dazu eine spezielle Schulung über Risiko, Symptome und Maßnahmen bei einer Ketoazidose erhalten.
Bei Patienten mit Verdacht auf oder diagnostizierter Ketoazidose sollte die Behandlung mit Dapagliflozin sofort abgesetzt und nicht wieder aufgenommen werden.
Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1
Um eine Hypoglykämie zu vermeiden, sollte nach der ersten Dapagliflozin-Dosis eine 20%ige Reduktion des ersten Insulinbolus zu einer Mahlzeit in Erwägung gezogen werden. Die folgenden Bolus-Dosierungen sind anhand der individuellen Blutzuckerspiegel anzupassen. Die Dosis des Basalinsulins sollte bei Therapiebeginn mit Dapagliflozin nicht reduziert werden.
Nierenfunktionsstörungen
Die glykämische Wirksamkeit von Dapagliflozin ist abhängig von der Nierenfunktion und daher bei Patienten mit moderater Nierenfunktionsstörung reduziert und bleibt bei Patienten mit schwerer Nierenfunktionsstörung wahrscheinlich aus. Daher sollte bei einer glomerulären Filtrationsrate (GFR) <60 ml/min keine Behandlung mit Dapagliflozin begonnen und bei einer GFR <45 ml/min die Therapie abgesetzt werden.
Harnwegsinfektionen
Die Glucose-Ausscheidung mit dem Harn ist möglicherweise mit einem erhöhten Risiko für Harnwegsinfektionen verbunden. Aus diesem Grund sollte ein zeitweiliges Absetzen von Dapagliflozin während der Behandlung einer Pyelonephritis oder Urosepsis in Betracht gezogen werden.
Auswirkung auf Laborauswertungen
Aufgrund der erhöhten Glucoseausscheidung durch Dapagliflozin fällt der Test auf Glucose im Harn bei Patienten, die den Wirkstoff einnehmen, positiv aus.
Die Überwachung der glykämischen Kontrolle mit einem 1,5-anhydroglcitol-Assay wird nicht empfohlen, da diese Methode unter der Therapie mit SGLT-2-Inhibitoren nicht zuverlässig ist.
Alternativen
Neben Dapagliflozin sind auch Empagliflozin, Canagliflozin und Ertugliflozin zur Therapie eines Typ-2-Diabetes mellitus zugelassen. Bei Patienten mit klinisch relevanter kardiovaskulärer Erkrankung empfiehlt die nationale Versorgungsleitlinie Typ-2-Diabetes eine Kombinationstherapie aus Metformin mit einem SGLT-2-Hemmer oder alternativ mit einem GLP1-Rezeptoragonisten.
Der CHMP hat sich im Mai 2021 für eine Indikationserweiterung auf Patienten mit Herzinsuffizienz für Empagliflozin ausgesprochen. Die Entscheidung der EU-Kommission hierzu steht noch aus.
Weitere Informationen sind der jeweiligen Fachinformation zu entnehmen.
Wirkstoff-Informationen
Molare Masse:
408.87 g·mol-1
Mittlere Halbwertszeit:
ca. 12.9 H
Q0-Wert:
0.99
Kindstoff(e):
Dapagliflozin-[(2S)-Propan-1,2-diol] (1:1)-1-Wasser
Autor:
Janina Seiffert (Apothekerin)
Stand:
01.07.2021
Quelle:
- EMA: Fachinformation Forxiga
- EMA/CHMP: Summary of opinion (post authorisation) Forxiga – Dapagliflozin
- EMA/CHMP: Summary of opinion (post authorisation) Jardiance – Empagliflozin
- Geisslinger, Menzel, Gundermann, Hinz, Ruth (2020) Mutschler Arzneimittelwirkungen, 11. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart
- Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Nationale VersorgungsLeitlinie Typ-2-Diabetes – Teilpublikation der Langfassung, 2. Auflage. Version 1. 2021, DOI: 10.6101/AZQ/000475
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